Helden des Alltags: Mantracking und Mantrailing – Interview mit einem Hundeführer

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Moin Tobi, wir haben uns beim Bulls Cup im Westerwald Ende März 2023 kennengelernt. Das hatte dort nichts mit Mantracking oder Mantrailing zu tun, sondern mit Radsport. Du warst dort als Ersthelfer, falls es zu Unfällen kommt. Ich habe dort am Stand meinen Partnern von Black Ops Coffee geholfen, deren Community ich angehöre. Es war ein schönes Radrennen mit viel Schlamm und trotzdem guter Laune. Und wir konnten uns so zufällig kennenlernen. Als ich erfuhr, dass du Mantracker bist, war mir klar, ich muss unbedingt ein Interview mit dir machen. Denn das Thema ist ein ziemliches Nischenthema und bestimmt spannend für meine Leser. Starten wir also direkt mit dem Interview.

Lieber Tobias, stell dich doch mal kurz den Lesern des City Prepping Blogs vor. Wie alt bist du, woher kommst du und wie gestaltet sich deine Arbeit mit der Hundestaffel?

Ich bin 47 Jahre alt und komme aus dem Siegerland. Seit 1988 bin ich in mehreren Hilfsorganisationen unterwegs. Seit 2015 beschäftige ich mich mit der Suche nach vermissten Personen. Aktiver Hundeführer bin ich aufgrund des Alters meiner Hunde nicht. Habe vorher aber 8 Jahre getrailt.

Ich muss erst noch ein bisschen was zu der Konstellation der ganzen Orgas sagen. Ich spreche ja hier für Mantracker Germany. Uns gibt es seit Oktober 2022. Wir sind alle Mitglieder einer regulären Rettungshundestaffel und haben bei unseren Einsätzen gemerkt, dass wir uns auch mit dem Thema Spurenlesen durch den Menschen beschäftigen müssen. Das bezeichnet man international als visual Mantracking. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, zunächst einmal selbst das visual Mantracking zu erlernen und möchten es auch an andere weitergeben. Das ist bis dahin aber noch ein langer Weg. Mittlerweile haben wir gute Beziehungen zu SAR-Einheiten im europäischen Ausland aufgebaut. Ein Kamerad aus Schottland hilft uns, zwei Rettungshundearten auszubilden, die ist bisher in Deutschland – jedenfalls nach meiner Kenntnis – so in den Hilfsorganisationen nicht gibt. Das ist der Fährtenhund (auch Mantracker genannt) und der Leichenspürhund. Meine Hunde dienen jetzt quasi als „Versuchskaninchen“, damit wir die Hunde in  Zukunft dann selber in Deutschland ausbilden können.

Mantracker Germany ist also eher eine Art „Labor“ für neue Techniken und Verfahren. Insofern bin ich eher der Trainingsorganisator. Eine Leitungsfunktion in dem Sinne habe ich nicht.

Wie kamst du auf die Idee, dass auch noch in deine Staffelarbeit einzubinden?

Wir hatten im vergangenen Jahr zwei Einsätze, bei denen wir mit den Hunden nicht weiter kamen. Wie jedes andere Einsatzmittel hat auch ein Hund seine Einsatzgrenzen. Das kann am Wetter liegen, an der Umgebung oder auch einfach an seiner Tagesform. Ein Hund ist ja keine Maschine. Und da wäre es gut gewesen, wenn wir in der Lage gewesen wären, Spuren, die wir vor Ort gefunden haben zu lesen. Ich hab dann über ein halbes Jahr mit der Suche nach einem Ausbilder verbracht und wir konnten im vergangenen Jahr ein Training für das visual Mantracking absolvieren.

Für die Hunde ist das eine schöne Beschäftigung mit der Nase arbeiten zu dürfen. Wer einen Hund hat, kann ihn auf diese Weise wunderbar fördern und auslasten. Doch was für Eigenschaften muss ein Mensch mitbringen, der sich für die Arbeit in einer Suchmannschaft interessiert?

Der Hund muss körperlich und wesensmäßig fit sein und von seiner Physis den Anforderungen seiner Sparte gewachsen sein. Ein Mantrailer läuft z.B. überwiegend in der Stadt, auf guten Wegen, er darf also keine Angst vor Autos oder vielen Menschen haben. Ein Flächenhund ist unangeleint im Wald unterwegs. Er muss also seinen Jagdtrieb unter Kontrolle halten und eine gewisse Härte aufweisen, teils eigenständige Entscheidungen treffen und sich an das Opfer binden können.

So gibt es für jede Sparte eigentlich eigene Anforderungen. Wichtig ist, dass der angehende Hundeführer sich nicht die Sparte wählt, die er gerne hätte, sondern in Zusammenarbeit mit den Ausbildern die Sparte wählt, die der Hund am besten hergibt.

Hunderettungsstaffel
Hunderettungsstaffel Flugrettung Pixabay

Was war dein bislang erfolgreichstes Erlebnis im Bereich des Trackings und Trailens?

Ich hab mal vor Beginn der Suche die vermisste Person selbst gefunden als ich nach einer Toilette gesucht habe. Dann ist man natürlich froh, dass die Person gefunden wurde; aber es sorgt im Nachhinein natürlich auch für eine gewisse Erheiterung bei den Kameraden und man wird so eine Art Maskottchen. Ansonsten muss man sagen, dass die meisten Einsätze ohne Erfolgserlebnis enden.

Gerade das Mantracking kann darauf abzielen einen Verbrecher zu stellen, der gesucht wird. Kann es passieren in dieser Richtung in deiner Position in Gefahr zu geraten oder ist das eher unwahrscheinlich?

Das ist aus meiner Sicht ausgeschlossen. Für die Nacheile bzw. Verfolgung von Straftätern ist alleine die Polizei zuständig. Soweit ich weiß, setzt die Polizei dabei ausschließlich eigene Diensthunde und eigenes Personal ein.

Man muss ein wenig vorsichtig sein, wenn man auf Personen trifft, die psychisch krank sind oder sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden. Ebenso ist es bei alkoholisierten Personen oder solchen, die unter Rauschmitteleinfluss stehen. Wir werden im Vorfeld informiert, ob solche Situationen im aktuellen Einsatz auftreten könnten. Und für alle Fälle haben wir stets Polizeibeamte bei uns, die eingreifen können.

Du siehst ich springe ein wenig in den zwei Themengebieten hin und her. So bleibt der Lesestoff für die Blogleser spannend. Und hier sind sicher einige Hundefans unter uns. Angenommen jemand hat einen Welpen und er möchte eine sinnvolle, soziale Arbeit mit dem Hund machen. In welchem Alter darf der Welpe zum Training?

Da haben wir keine festen Grenzen. Das kann aber auch von Organisation zu Organisation unterschiedlich sein. Und man  muss natürlich auf den Hund schauen, ob er schon so weit ist. Am besten ist es, einfach bei den Hundestaffeln anzurufen und die Details im Gespräch zu klären.

DLRG mit einem Hund
DLRG mit Hund (Pixabay Foto)

Das Mantracking und Mantrailing ist in einer Staffel schon ziemlich zeitintensiv. Wie oft ist Training angesagt?

Jede Hundesparte trainiert für sich mindestens einmal in der Woche. In aller Regel 4-6 Stunden. Das ist aber stark abhängig davon, wie groß die Staffel ist. Hinzu kommt für jeden Hundeführer die Grunderziehung seines Hundes, also Gehorsam.

Das visual Mantracking trainieren wir wöchentlich, ebenfalls 4-6 Stunden.

Dazu kommt, dass jedes Teammitglied mindestens als Sanitäter ausgebildet werden muss. Hinzu kommen Kurse wie Erste-Hilfe am Hund, Kynologie, Sprechfunk, Karten- und Geländekunde sowie ggf. Führungslehrgänge. Alles in allem sehr viel Zeit. Deshalb ist eine Probezeit von 6 Monaten vorgeschrieben.

Mit welchen Kosten ist die Arbeit in einer Staffel verbunden?

Normalerweise keine. Wer in einer anerkannten Hilfsorganisation arbeitet (also DRK, ASB, Johanniter, Malteser, DLRG, THW, Feuerwehr usw.) bekommt alles, was er braucht kostenlos gestellt. Das gilt auch für uns, solange wir uns in der klassischen Orga bewegen.

Als Mantracker Germany laufen wir getrennt davon. Da haben wir uns unsere Ausrüstung selbst gekauft und müssen auch in der Regel die Lehrgänge selbst finanzieren.

Und was ist das Mindestalter, um bei Staffel mitwirken zu können?

Bei den Mantrackern Germany gibt es derzeit noch keine Satzung o.ä. die so etwas regelt. Wir sind erst im Aufbau und Schritte wie Eintragung im Vereinsregister, Satzung etc. werden erst noch folgen. Mit in Einsätze würde ich aber nur Volljährige nehmen. Natürlich kann man auch z.B. als 16jähriger schon trainieren oder bei den anerkannten Hilfsorganisationen Lehrgänge besuchen. Das muss man dann von Fall zu Fall sehen.

Das war es auch schon von meiner Seite. Ich bedanke mich für den total spannenden Einblick in die Arbeit eines Mantrackers und Mantrailers. Wer Lust hat, sich deine Arbeit anzusehen kann auf Youtube dem Kanal Mantracker Germany folgen. Ich verabschiede mich und überlasse dir das letzte Wort.

Es ist wirklich eine total spannende Sache. Grade für Leute, die gerne draußen sind ist es optimal. Man darf den Zeitansatz aber nicht unterschätzen und braucht auch eine sehr hohe Frustrationstoleranz.

(Weiterführende Links: Hier findest du noch mehr Helden des Alltags: Klick)

Bildquellen

  • Hunderettungsstaffel 01: Pixabay
  • Hundrettungsstaffel 02: Pixabay
  • Mantracker und Mantrailer Tobi: Marco Kurz