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Vor einigen Wochen, da hatte ich angekündigt mit dem Blog City Prepping eine Reihe über Berufe machen zu wollen, die in einer Krise eine wichtige Rolle spielen. Dazu gehört auch der Beruf des Soldaten. Als ich letztes Jahr (März 2022) zu Beginn des Ukraine Krieges nach Lemberg und Ternopil (Ukraine) zu einem Kinderheim beziehungsweise Kinderhospiz und einer Frauengeburtsklinik fuhr, wurde mir die wichtige Rolle von Soldaten wieder bewusst. Die Soldaten hatten Checkpoints eingerichtet, schützten vor Plünderungen und halfen Frauen und Kindern dabei gefährdete Regionen sicher verlassen zu können. Ich wurde an einigen Checkpoints kontrolliert, immer waren die Soldaten sehr nett zu mir. Es gab viele Kurzgespräche, Händeschütteln, wir machten zusammen Selfies und ich ließ immer eine Packung Kekse am Checkpoint für die Jungs. Heute möchte ich hier im Blog den Beruf des Soldaten näher vorstellen und interviewe dazu Eugen. Eugen ist ehemaliger EGB Soldat und war sofort bereit mit mir zu sprechen.
Hi Eugen, es ist wahrscheinlich selten, einen EGB – Mann (erweiterte Grundbefähigung) zu einem Interview bewegen zu können. Stell dich bitte mal so grob es geht unseren Lesern vor. Wie lange warst du beim EGB und was war dort dein Schwerpunkt?
Ja, mein Name ist Eugen, ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Ich war vier Jahre beim EGB in Zweibrücken stationiert. Fahrer oder abwechselnd Richtschütze war meine Verwendung, wenn wir mobil unterwegs waren. Ansonsten normaler Assaulter im Bereich Orts- und Häuserkampf. Als Oberstabsgefreiter habe ich die Bundeswehr dann nach Ablauf meiner Dienstzeit verlassen.
Am Beruf des Soldaten wird viel Kritik geübt. Das muss eine Demokratie aushalten können. Personengruppen sagen „Soldaten sind Mörder“. Ich finde das stimmt so nicht, denn ich war selbst auch bei der Bundeswehr, wenn auch nicht so lange wie du, und ich habe dort mehr gelernt Menschen helfen zu können, anstatt sie zu töten. Auch wenn das natürlich am Ende des Tages in den Beruf mit einfließt an mancher Stelle. Ohne Soldaten wäre quasi jedes Land der Welt irgendeinem anderen möglichen Aggressor ausgesetzt und das schutzlos. War helfen zu wollen, eine deiner Intentionen, als du zum Bund gegangen bist? Ehrlicherweise muss ich zum Beispiel gestehen, dass meine Intention am ehesten die Abenteuerlust und wohl definitiv auch der Nervenkitzel war. Das muss niemand verstehen, aber in jungen Jahren bestimmen Sturm und Drang die menschliche Seele. Viele wollen sich ausprobieren, für mich war da sicherlich die Bundeswehr der Weg alles aus mir rauszuholen.
So ähnlich könnte man es auch bei mir sehen. Zunächst ist man als Jugendlicher noch recht orientierungslos, die BW hilft einem dabei erstmal zu verstehen, auf was es ankommt und was man mal werden möchte. Durch die Entbehrungen schätzt man das eben viel mehr und findet halt bei den Kameraden, etwas was es im Zivilen so nicht gibt. Abenteuerdrang, gepaart mit falschen Vorstellungen, waren vielleicht auch Auslöser, warum ich zur Bundeswehr gegangen bin.
Warum ist es bei dir ausgerechnet eine EGB Einheit geworden?
Dies war eher Zufall. Ich war am richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Alles war im Wandel. Man strukturierte um und schloss einige Kasernen. Ich war in einem der ersten Ausbildungszüge, welche aus den Kampfkompanien der Fallschirmjäger gezogen wurden. Da ich mich beweisen wollte und alle Kameraden mitzogen war es also eher selbstverständlich als ein gezielter, geplanter Wunsch in der Karriere der Bundeswehr.
Hast du die Ausbildung und die Lehrgänge dort als schwer empfunden? Welcher Lehrgang ist für dich der beste Lehrgang gewesen in deiner Soldatenlaufbahn?
Im Vergleich zu dem was man vorher gewohnt war als Fallschirmjäger war es schon recht fordernd. Neue Bereiche und Vertiefungen, welche man bisher eigentlich nur vom KSK kannte. Der Orts- und Häuserkampf Block war so mit dem schwersten Kurs in der Pipeline damals, was die Konzentration betraf. Nicht jeder kam durch. Ein strenges Komitee von Ausbildern aus ehemaligen und aktiven KSK Soldaten waren hier für den ein oder anderen eine unüberbrückbare Hürde.
Hast du Situationen erlebt in denen du fest dachtest „heute werde ich vielleicht sterben“? Und wenn ja, was macht das mit einem? Hat dir das etwas fürs Leben mitgegeben?
Solche Situationen hatte jeder von uns öfters, ich möchte darüber nicht sprechen. Man stumpft jedenfalls ab und verliert nach und nach seine Gefühle. Eines der Gründe, warum ich nicht länger geblieben bin. Ich musste mich entscheiden zwischen Familie und Karriere, ich habe ersteres gewählt. Ich bin jedenfalls dankbar für das was ich habe. Ich werde die Zeit nicht missen wollen, es waren schöne Zeiten aber nun muss ich nach vorne schauen, das Zivilleben ist doch manchmal härter als man denkt, vor allem wenn man selbstständig ist. Man lebt als Soldat in einer Blase der Glückseligen, wenn man es genauer betrachtet. So viel Urlaub, Geld und Sport habe ich seitdem nie wieder gehabt.
Ein Soldat kämpft oder arbeitet ja nicht in erster Linie für sich, sondern für andere Menschen. Was ich früh beim Bund feststellte war, dass eine der Hauptaufgaben in der Ausbildung zum Soldaten darin bestand, auf Gruppenebene zusammen zu wachsen. Ich denke Soldaten und ex-Soldaten können in einer Krise wichtige Aufgaben übernehmen und unterstützend bis schützend wirken. Das wird oft von der Bevölkerung ausgeblendet oder gar belächelt. Im Ahrtal bei der Flutkatastrophe haben viele ehemalige Soldaten geholfen. Ich weiß aus persönlichen Begegnungen von Suchtrupps nach Vermissten und Toten oder der Ausgabe von Nahrung und der Organisation von Helfergruppen zur Herausgabe und Verteilung von Lebensnotwendigem. Wie siehst du sowas?
Guter Punkt. Andere Länder sind uns da weit voraus. Da gibt es Heimatschutz – Einheiten, CERT (Community Emergency Response Teams) und vieles mehr. Deutschland war meiner Meinung nach zu lange im Frieden und hat vergessen was es heißt zusammen zu arbeiten, zu helfen und zu leiden. Dieser Mangel an Weitsicht und Respekt wird unserem Staat noch auf die Füße fallen, wenn es so weiter geht.
Thema Wehrpflicht. Bist du als ehemaliger Soldat für oder gegen eine Wehrpflicht?
Ein Muss in jeder wehrhaften Demokratie meiner Meinung nach. Die Gesellschaft kann etwas nur verstehen und respektieren, wenn es selbst die Erfahrung gemacht hat. So wie derzeit unsere Politiker mit dem Krieg spielen, obwohl keiner je gedient hat, zeigt eine deutliche Verschiebung und Enthemmung in eine, meiner Meinung nach, kritischen Richtung. Unsere Bundeswehr besteht nicht mehr aus so vielen Soldaten, die Masse sind Innendienstler, Versorger, Sanis etc. Nur ein Bruchteil kann kämpfen. Wenn man dann noch bedenkt, dass fast alle kämpfenden Truppen in Deutschland aus Deutschrussen bestehen und noch ein paar Ossis, dann prost Mahlzeit. Ich bin mir nicht sicher, wenn es zum Schwur kommen sollte, wer auf wessen Seite kämpft. Und das sage ich, obwohl ich selbst russische Wurzeln habe.
Was für eine Art Typ sollte man sein, wenn man sich für die Bundeswehr interessiert? Was sollte jemand für Eigenschaften haben der Soldat werden möchte?
Man muss einen starken Willen mitbringen und den Wunsch zu dienen, alles andere bekommt man an die Hand.
Welches ist dein schönes Erlebnis im Dienste der Bundeswehr gewesen?
Es gibt kein spezielles, es sind viele kleine Ereignisse. Gemeinsam mit den Kameraden gewisse Schwierigkeiten zu überstehen und dann zu lachen und zu feiern, gemeinsam zu fluchen, zu schwitzen und sich gegenseitig anzustacheln. Eine Verbundenheit und Vertrauen was ich hier im Zivilen nicht mehr finde.
Ich denke mit der letzten Frage können wir das Interview sehr gut beenden. Ich wünsche Dir in Zukunft noch viel Glück und Erfolg bei allem was du so machst. Danke für das Gespräch.
Nachtrag: Hier gibt es noch einen weiteren Artikel für euch, wenn ihr an der Verwendung EGB interessiert seid: Link EGB. Einen weiteren Artikel zum Thema „Helden des Alltags“ findet ihr hier.