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Es ist ein schöner goldener Herbst und zwei Hände voll Männer sowie eine Frau wollen sich heute an 30 Kilometern versuchen. Das Wetter ist klasse, es ist nicht kalt und es regnet auch nicht aus Eimern. Ich bin schon wieder zu Gast bei einem Black Ops Coffee Outdoor Event. Diesmal nicht online per Videokonferenz im Notfallfunkkurs, sondern ich darf das Versorgungsteam bei einem 30 Kilometer Marsch im Landrover begleiten und so das Event dokumentieren. Die Teilnehmer haben an diesem Tag noch was vor sich. 30 Kilometer sind nicht nur 30 Kilometer, denn im Westerwald herrschen andere Gesetze. Wer vom platten Land kommt und solch ein Gelände nicht kennt, der wird sich hier stark wundern. Geht es aber hier nur darum das zu schaffen? Sich einen Patch abzuholen auf dem 30k steht, oder geht es hier um mehr?
Schweiß spart Blut
Wir sitzen in einer warmen Halle am Tisch, es ist 8 Uhr morgens auf einem Samstag. Ich habe es mit einem außergewöhnlichen Menschenschlag zu tun. Menschen die sich spüren wollen, die ihre Grenzen kennen wollen und die sich auf schlechte Zeiten vorbereiten wollen. Dazu gehört es sich und auch andere genau zu kennen, Schwächen festzustellen, daran zu arbeiten, Material wie Hosen, Rucksäcke und Schuhe zu testen und den Körper auf eine harte Probe zu stellen. Nur so kann man sich selber zu einem Monument meißeln und das Beste aus sich raus holen. Diese Männer und Frauen sind bereit die Feile und Spitzhacke anzulegen und sich selbst den letzten Schliff zu verleihen. Wer nach oben läuft kann Schatten werfen, wer immer unten stehen bleibt, der wird auch immer im Schatten stehen bleiben, anstatt selbst einen Schatten von oben zu werfen. 30 Kilometer gilt es abzureißen in zwei Teams, gegeneinander auf Zeit mit Sonderaufgaben. Ein paar der Teilnehmer, die gefühlt zwischen 25 und 55 Jahren alt sind, kennen sich. Doch sie werden auseinander gerissen und per Losverfahren neu eingeteilt. Wie im echten Leben – wir sind hier bei Black Ops Coffee und nicht bei wünsch dir was.
Traktor Reifen bewegen und andere Sonderaufgaben
Als erstes geht es raus aufs Firmengelände, es gibt eine kleine Übung zum Warmlaufen. Die Teams müssen einen Traktor Reifen auf Zeit um die Halle rollen/tragen. Das Schnellere Team gewinnt. Beide Teams geben Hackengas und kommen angeschwitzt zurück, munter geht es weiter zum ersten Wegpunkt. Karte, Lineal, Kompass – die erste Herausforderung beginnt mit der Navigation. Doch nach kurzer Zeit sind alle aufgebrochen zu ihrem 30 Kilometer Marsch. Das Abenteuer beginnt. Wir steigen in den schlammigen grünen Landrover und fahren auf die Straße. Es ist schön heute, überall sind rote und gelbe Baumkronen zu sehen, die Sonne lacht und der Nebel hat sich längst verzogen. Wir fahren in den Wald und nehmen teils unbefestigte Wege, um an die erste Koordinate zu kommen. Dort warten wir auf die Teams, alles klappt, alle kommen an. Die Gruppen sind bis hierhin 8 Kilometer gelaufen. Nun müssen sie eine massive Steigung Wasserkästen hochtragen, natürlich unter Zeitdruck. Der Boden ist nass und rutschig, der ein oder andere rutscht aus, Wasserflaschen fliegen aus dem Kasten, wieder seitwärts runtergehen und die verloren gegangenen Flaschen einsammeln, es wird geflucht, gekämpft und schließlich obsiegt auch hier der eiserne Wille. Alles lacht, jeder ist stolz, geschafft ist geschafft – egal wie.
Hunter Kräuter Likör als kleine Motivation
Ich trinke ja eigentlich nichts, aber als der Instruktor André nun seinen Hunter Kräuter Likör mit 42 % auspackt, will ich mit der Gruppe „Gagamel“ auf ihren ersten Erfolg anstoßen. Das Zeug schmeckt so ähnlich wie Jägermeister, die Shots sind aber etwas milder. Ist ganz lecker, ich überlasse den Rest aber gerne den geübteren Kräuterfans. Wieder lachen alle und ich blicke ich in verschwitzte, gerötete Gesichter. Ich will von Melissa, der einzigen Frau an Board, wissen was sie gerade denkt. Sie antwortet strahlend: „Mir ist ganz schön warm. Und weiter geht´s mit guter Laune!“. Die Gruppe hat schon wieder eine neue Koordinate bekommen. Hier und da wird noch gehustet und Franz Brandwein schnell über die ein oder andere wund gelatschte Stelle gekippt. Ist der Socken schuld, fragt einer. „Nein, die sind von Lowa und super!“, sagt Daniel. Er ist heute angeschlagen und trotz Erkältung will er durchziehen. Ich weiß gerade nicht, ob ich das gut oder schlecht finde und denke an Herzmuskelentzündungen. Der Soldat hat die Pflicht zur Gesunderhaltung. Daniel ist Rettungssanitäter in einer Großstadt, er muss sich selbst am besten kennen und wissen was er sich zutrauen kann und was nicht. Ein 30 Kilometer Marsch mit Erkältung bei 300 bis 600 Höhenmeter ist jedenfalls stramm.
Sonderübung „Erste Hilfe im Canyon“
Das Grauen im Canyon folgt auf dem Fuße. Die Gruppen laufen und laufen. Ich möchte nicht in deren Haut stecken. Mein letzter Gewaltmarsch ist mehr als zehn Jahre her. Damals in der Eifel, ich weiß es noch genau, ich war danach zwei Tage tot. Ich bewundere den Trupp, aber beneide ihn gerade nicht. Ich bin wohl eher so der Schwimmer oder Schreibtischtäter, Taktiker oder Organisator, aber bestimmt niemand mit einer guten Ausdauer. Im Fitti mache ich zwar dreimal die Woche progressives Muskeltraining mit Maximalgewicht und bewege meine 11.000 Kilo in einer Stunde, ich habe mir das mal ausgerechnet, aber das hat eben alles nichts mit Ausdauer zu tun, sondern mit Muskelkraft. Ich bin eben kein ektomorpher Renner, sondern eben eher so Marke ukrainische Bäuerin. Die Gruppe eins findet sich als erstes an der Steilwand am See ein. Das „Opfer“ Rania liegt ausgebreitet auf einer Elefantenhaut und spielt ein abgestürztes Kind mit offenem Schienbeinbruch. Rania ist nicht ansprechbar. Die Gruppe soll als Aufgabe die Erstversorgung und Bergung übernehmen. Daniel geht zu Werke, fühlt hier tastet dort. Aber alleine. Das Team deckt Rania, die vor Schock friert mit einer Wärmedecke zu. Sonst zieht der Rettungssanitäter die Versorgung eher alleine durch. Vielleicht will Team 1 dem selbstsicheren Mann nicht in s Handwerk pfuschen. Der Instruktor beäugt die Situation und fragt ein paar Punkte zur Versorgung ab, die hinterher in die Wertung einfließen. Rania gibt bei mir später zu Protokoll: „Bei der einen Gruppe habe ich mich sehr sicher gefühlt. Bei der anderen Gruppe waren die sich zu sicher und haben mich dabei fast vergessen.“ Ich denke sie fühlte sich hier zu wenig untersucht und kontrolliert vom ersten Team. Denn Team zwei war stets mit Stabilisieren, Behelfstrage sichern, Patientin sichern, Vitalfunktion überprüfen beschäftigt. Während unten zwei Personen die Beine zusammen gebunden haben und ein Tourniquet angelegt haben, wurde oben gut zugeredet und geschaut, ob noch Puls und Atmung kommt.
Der „Patient“ ist gesichert und die Gruppen laufen weiter ihren 30 Kilometer Marsch in die Selbsterkenntnis der Stärken und Schwächen.
Geometrie, Mathe, Lyrik und psychischer Stress
Sonderaufgaben wie Bilder per Funk schildern und hoffentlich richtig aufzeichnen, ein Heinrich Heine Gedicht auswendig lernen, mit Beschuss aus einem Gotscha Markierer rechnen geht es weiter. Es sind noch rund zehn Kilometer zu gehen. Langsam setzt auch der Regen ein. Alle holen den Rest aus sich raus, um die letzten K´s zu schaffen. Wir fahren nochmal im Landrover einen Entenpfad lang, der Schlamm spritzt, ich lache und fühl mich wie ein Kind auf einer Matchboxbahn, nur das hier ist es und der fast 20 Jahre alte Wagen ist total lustig. Wir rutschen, aber nichts passiert, alles so gewollt. Unten angekommen haben schon Freunde vom Versorgungsteam das Feuer entfacht, die Würste angerichtet und Getränke bereitgestellt. Wir gehen ins Gebäude und gießen und einen Black Ops Coffee ein, als ein Funkspruch reinkommt: „Kamerad ist lost gegangen“. Draußen ist es inzwischen deutlich dunkel, die Sache ist ernst. Auf einem 30 Kilometermarsch geht man zusammen los und kommt man zusammen wieder. Sowas kann gefährlich werden. Doch der verloren gegangene Sohn wird wieder gefunden. Er ist als sein Team nicht wiederkam, um ihn an einem bestimmten Punkt abzuholen, wo sie sich für eine Aufgabe trennten, alleine durch den Wald ins Dort gegangen. Nur hatte der Kamerad weder ein Handy noch eine Funke am Mann. Zusammen wurde das reflektiert, es wurde ein bissel diskutiert und es ist davon auszugehen, dass das nächstes Mal anders gehandhabt wird. Sich trennen ist nicht gut, und sollte vermieden werden, außer es geht nicht anders aus taktischen Gründen, aber dann immer zu zweit bleiben und mindesten eine Funke am Mann behalten. Der Marsch war ja zum Lernen da und nicht nur um 30 Kilometer abzureißen.
Fazit und letzte Worte
Jan: „Ich habe gemerkt, dass ich dafür noch nicht 100 % fit bin und dringend an mir arbeiten muss.“
André der Instruktor des Events: „Sinn und Zweck der ganzen Aktion war es die Teilnehmer unter psychischen und physischen Druck zu setzen, um sich und die anderen Teilnehmer besser kennenzulernen. So erkennt man Ausrüstungsmängel, Schwächen und Defizite.“
Jan hatte 47.813 Schritte auf dem Tacho nach dem 30 Kilometer Marsch – das entspricht 34,5 Kilometer. Ich zolle der Leistung absoluten Respekt. Vor allem Melissa strahlt noch immer und ist super drauf. Sie sagt immer wieder, dass gute Laune mit das Wichtigste ist bei so einem Tag. Ich habe auch hier wieder gesehen, dass am Ende alles Kopfsache ist, sicher nicht ausschließlich – aber in sehr hohem Maße. Ich denk immer mit 44 Jahren kann ich das nicht mehr schaffen. Aber dann steht da der 52 Jahre alte Teilnehmer mit dem kleinen Bäuchlein aus dem Hunsrück vor mir. Topfit der Mann, für ihn war das ein Spaziergang und er findet sie hatten viel zu viel Zeit, er hätte es gerne knackiger gehabt und schneller durchgezogen. Ich bin positiv überrascht was er in seinem Alter leistet und schäme mich etwas für mich selbst und meine schlechte Kondition. Ich nehme mir vor, wieder mehr Ausdauer zu trainieren und auch mal zwei Stunden Cardio zu machen, statt immer nur im Studio Eisen zu bewegen.
Das Coole bei den Black Ops Veranstaltungen ist auf jeden Fall, dass bei jedem Event das bestanden wird Patches ausgeteilt werden und Urkunden überreicht werden und es eine kleine Ehrung gibt. Das spornt natürlich an und motiviert ungemein. Es gibt auch die Möglichkeit in einem kleinen Rangsystem intern in der Blacks Ops Coffee Community aufzusteigen. So bleibt der Ansporn größer und es entsteht vielleicht auch ein kleiner interner Battle. So holt jeder alles aus sich heraus.
Infos zum Veranstalter findest du hier: Black Ops Coffee Events. Und einen Bericht über einen Notfallfunk Kurs kannst du hier nachlesen: Kursbericht.
Bildquellen
- 10EC5CD5-0377-4628-92F2-5691860B6927: Bildrechte beim Autor
- 30 Kilometer Marsch Warm up: Bildrechte beim Autor
- BE064241-55BE-45EC-BA69-A79EE3FE19EC: Bildrechte beim Autor
- 30 Kilometer Marsch Black Ops Coffee Event: Bildrechte beim Autor
- Hunter Kräuter Likör: Bildrechte beim Autor
- Erste Hilfe beim 30 Kilometer Marsch: Bildrechte beim Autor
- Jan nach dem 30 Kilometer Marsch: Bildrechte beim Autor
- Instruktor André Black Ops Coffee: Bildrechte beim Autor